Stefanie Anrig Malerin Heidelberg/Zürich

Stefanie Anrig Serie Schafe Mischtechnik 7 x 9 cm 2017 d  

„Ich kann nur malen, wenn nicht an jeder Ecke der Alltag lauert“,  sagt die Malerin Stefanie Anrig im Gespräch. Darum gehören Aufenthalte in der Toskana, in Sciaredo oder – wie letztes Jahr – in Norddeutschland zu ihrem Leben als Künstlerin. Weg aus dem Alltag heisst unter anderem ein weitgehendes Ausblenden der täglichen Informationsflut: Kein Fernsehen, kein Radio, reduzierter Internet-Gebrauch usw. Dies um sich zu öffnen für Wahrnehmungen im Hier und Heute, im Äussern wie im Innern und sie mit der Fülle der im Körper abgelegten Lebensspuren zu verbinden.

Im Zentrum ihres Aufenthaltes in Sciaredo von Ende Februar bis April 2017 stand freilich für einmal ein Projekt im Vordergrund, das aus dem Fluss der Entwicklung gleichsam ausschert. Auf den Wanderungen in Norddeutschland 2016 begegneten ihr Tausende von Schafen. Diese wollten sich partout nicht in ihre aus linearen und freien (selten gegenständlichen) Versatzstücken komponierten „Landschaften“ einfügen. Also harrten sie immer noch ihrer Umsetzung. Mit eher ungewohntem Schalk nahm sie sich im Atelier in Sciaredo die Schafe vor und bannte sie als Siebdrucke einzeln auf 61 Kleinst-Leinwände (7 x 9 cm). Sie schauen nach links oder nach rechts, bilden eine Herde. Jedes steht auf einer anderen Bühne, jedes hat einen anderen Hintergrund. Landschaftliches, Erzählerisches, Ornamentales geben sich die Hand. Die Bildchen sind gemalt, gedruckt, geklebt, abgerieben –  die Schafe sind grün-schwarz, pink-weiss, rot gerastert, grün getupft – nichts, das nicht erlaubt wäre.

Wie schon eine Ausstellung in Zürich 2016 andeutete, versucht die Künstlerin zurzeit ihre malerische Sprache zu erweitern, insbesondere die technischen Möglichkeiten innerhalb eines offenen Malerei-Begriffs auszuweiten. Denn Spuren, wie oben beschrieben, haben nicht nur unterschiedliche Formen, sondern auch verschiedene „Materialität“, und solche gilt es zu erfinden, bildnerisch unterwegs mit einer Herde Schafe zum Beispiel. Die Spuren und Zeichen sind auch nicht alle an der Oberfläche, sondern überlagern und durchdringen sich auf mehreren Ebenen. Stefanie Anrigs geflügeltes Wort hiezu: Transparenz. Und so kehrt die Künstlerin nach dem tierischen Exkurs zurück zu quadratischen, zugleich ungegenständlichen wie erzählerischen, zugleich zeichnerischen wie malerischen Formaten. Sie schüttet Tusche und Farbe auf die Leinwand, dreht und wendet sie; die Leinwände werden zu Fluss-Landschaften. Mutig setzt sie ein kräftiges Pink, doch bald wird sie es wieder zurücknehmen. Es geht um Verfeinerung, sagt sie und zeigt mir zum Abschluss unserer Unterhaltung zwei Plexiglas-Quadrate, die sie bemalen und hintereinander schichten will: „Ich glaube, jetzt ist es Zeit die Malerei in den Raum auszuweiten“.           

azw April 2017