Die Gäste des Atelier-Hauses Sciaredo
Nach der Gründung der Fondazione Sciaredo im Jahr 1996 wurde die Instandstellung der Casa Sciaredo vorangetrieben. Mit einem bescheidenen Budget von 400 000 Franken und viel Goodwill-Arbeit wurde das 1932 erbaute Haus einer «sanften Renovation» unterzogen und wieder zum «leuchtenden gelben Kubus» in naturnaher Umgebung, zum «Bannerträger» modernen Bauens im Tessin.
In den letzten 10 Jahren haben mehr als 100 Künstlerinnen und Künstler im Haus gelebt, oft während mehrerer Monate. Es liegt auf der Hand, dass die Natur im weitesten Sinn des Hauses manche der daselbst entstandenen Werke mit geprägt hat. Für viele Bewohnerinnen und Bewohner war der Aufenthalt aber auch einfach eine Zeit des Rückzugs, der Besinnung, des Loslassens, um Platz zu schaffen für neue Ideen.
Erste Gäste im Jahr 2000 sind der Zürcher Künstler Martin Senn und seine damalige Partnerin Dominique Lieb. Nicht weniger als 39 Wochen (etwas mehr als 9 Monate) weilen sie im Haus – und geradezu symbolisch ist es, dass in dieser Zeit auch Töchterchen Gwendolin zur Welt kam.
«Wie eine grosse Leinwand“ so schrieb M.S. ins Barbengo-Tagebuch, „lag der gefrorene Schnee auf der Wiese vor dem frisch renovierten Haus. Wir schoben unsere Sachen den gewundenen Waldweg hinauf mit der hauseigenen Karrette. Ockerfarbig leuchtete der grosse Würfel warm im Abendlicht...die erste Nacht war wolkenlos; durch das grosse Fenster schienen die Sterne ins Bett und begrüssten uns im Sonnensystem.»
Ihm folgt im Winter 2000/2001 Georg Rutishauser und Annuschka Pfammatter und vom 3. März bis zum 24. Juni 2001 weilten Corinna Rüegg und Mike Frei im Sciaredo-Haus.
Im Sommer 2001 (2.7. bis 13.10.) wohnen die beiden befreundeten Ostschweizer Künstlerinnen Doris Naef und Veronika Bischoff in Barbengo. Ihnen folgt während fast eines halben Jahres (Oktober 2001 bis Frühling 2002) der in Meilen wohnhafte Scott Woodward Meyers. Der Aufenthalt schreibt sich so sehr ein, dass er von Dezember 08 bis März 09 für einen zweiten Aufenthalt auf die Collina d’Oro zurückkehrt.
Dann ist die Casa während 17 Wochen (April bis August 2002) Atelier, Denkfabrik und Wohnstätte von Christina Hemauer (geb. 1973) und Philipp Zimmermann. Heute ist Christina Hemauer vor allem an der Schnittstelle von Kunst und Ökologie tätig, etwas wozu Sciaredo sie möglicherweise mit angeregt hat.
40 Wochen weilt danach (August 2002 bis Mai 2003) Katharina Rähmi in der Casa Sciaredo. In einem wunderschönen Heft mit fotografischen „Impressionen“, gedruckt auf kostbares Naturfaserpapier, hat sie Ort und Aufenthalt Bild gegeben. Der Rückzug in eine erfüllte Abgeschiedenheit lässt sie ein zweites Mal kommen: Vom Oktober 2005 bis April 2006.
Cornelia Cottiati nutzt das Haus vom Juni bis August 2003 als temporären Standort Schweiz während eines mehrjährigen Aufenthaltes in New York, zusammen mit Sally Mc Cullogh.
Sciaredo gilt in Künstlerkreisen als Atelierhaus für bildende KünstlerInnen. Doch insbesondere im Kanton Tessin wird Sciaredo als Architekturjuwel betrachtet. Also ist es nahe liegend, dass auch Architekten hier neue Ideen skizzieren. Die ersten, die das wahrnehmen sind von September 2003 bis April 2004 die Berner Architeken Jutta und Beat Strasser.
Zu den wiederkehrenden Gästen gehört der Zürcher Bildhauer Severin Müller und seine Partnerin, die Architektin, Patrizia Guagliardi. Erstmals weilen sie vom April bis August 2004 in Sciaredo, doch die Gästeliste nennt sie auch unter Juni/Juli 2008, jetzt zu dritt mit ihrer kleinen Tochter.
Von August bis Oktober 2004 und erneut von Mai bis Juli 2005 bezieht das Schweizerisch-Holländische Künstlerpaar Sabine Mooibroek und Erwin Nyboer die Casa Sciaredo.
Ihnen folgt von Oktober 2004 bis Januar 2005 der für seinen subversiven Humor bekannte Winterthurer Holz- und Linolschnitt-Künstler Duri Galler, dessen Aufenthalt – leider eine rare Ausnahme – von der Stadt Winterthur als Atelier-Stipendium finanziert wird.
Die Malerin Christine Götti aus Birsfelden reist im Januar 2005 ins Tessin und verwirklicht bis im März desselben Jahres in Barbengo zahlreiche neue Bilder.
Zwei in der Kulturszene der Schweiz bekannte Namen tauchen im April 2005 auf der Gästeliste auf: Der unter anderem für Fotografien einsamer Landschaften bekannte Foto-Künstler Thomas Flechtner und die für brillante Kulturrezensionen stehende Journalistin Daniele Muscionico..
Ebenfalls 2005 weilen der Zürcher Konzeptkünstler, Designer und Kurator Markus Schaub und die Architektin Andrea Rummel im Atelierhaus von Georgette Klein. Es ist ein erinnerungswürdiger Aufenthalt, denn 2007 zieht es sie wieder nach Barbengo (Juli bis September).
Die Dominanz der bildenden Künstler durchbricht im Herbst 2005 der Zürcher Schriftsteller Werner Wiedenmeier, über dessen Entschluss, in Zukunft nicht mehr zu schreiben, Sabine Mooibroek in den Wochen zuvor ein Video mit Schauplatz Agra gedreht hat.
Im Frühjahr 2006 entwickelt Franziska Ripphausen-Loderer (Seewen) einen weiteren Schritt in ihrem zugleich grafischen wie malerischen Werk, in das sie als Zweitebene Elemente von Schrift respektive Literatur integriert.
Die Gäste des Atelierhauses sind alle künstlerisch tätig und haben ein autonomes Werk vorzuweisen. Sie sind aber auf nationaler respektive internationaler Ebene unterschiedlich bekannt. Nicht allen ist eine Kunst-Karriere in gleichem Mass wichtig. Gerade im Andenken an Georgette Tentori-Klein, die ihr eigenes Künstler-Sein fast nur in sich selbst, fast nur als Lebenshaltung verwirklicht hat, ist das sinnvoll. Das heisst die Stiftung buhlt nicht um die bekanntesten Künstler und Künstlerinnen als Gäste im Haus, sondern versucht jenen Raum zu geben, die eine Lebenssituation wie sie Sciaredo bietet, als Bereicherung für ihr Schaffen zu nutzen wissen. Egal ob sie jung sind, der mittleren oder bereits der älteren Generation angehören. Dennoch ist es erfreulich, dass zuweilen auch Exponenten der Schweizer Kunstszene mit Sciaredo in ihrem Erinnerungsschatz arbeiten.
Im Sommer 2006 weilt der bekannte Schweizer Performance-Künstler Heinrich Lüber während dreier Monate im Tessin, hält daselbst inne und projektiert Neues.
Nach einer Kurzvisite von 2 Wochen durch den Ostschweizer Plastiker Spallo Kolb, schlägt die Basler Künstlerin und Kuratorin Martina Siegwolf ihre Zelte für 10 Wochen in Barbengo auf.
Dann steht wieder einmal die Architektur im Zentrum. Im Winter 2006/2007 richten sich Irene Erni und Christofer Lüke, beide als Architekten in Luzern tätig, während eines Vierteljahres vor Ort ein.
Ihnen folgt im April/Mai 2007 der (Wahl)-Zürcher Fotograf und Autor Christian Scholz. Für ihn wird der Aufenthalt unter anderem zum Erlebnis, weil er einen Bauern findet, der ihm durch aktive Teilnahme ermöglicht, Tieraufnahmen – zum Beispiel von Kühen – aus allernächster Nähe zu machen und zwar ohne Zoom!
Nicht selten ist Sciaredo eine Art Zufluchtsort – ein in sich geschlossener Haus-Kubus, der leuchtend gelb in grüner Natur steht und da von seiner Atmosphäre her dazu aufruft, Vergangenes hinter sich zu lassen und in die Zukunft zu schauen.
Die in Biel wohnhafte Zeichnerin und Installationskünstlerin Romana del Negro machte während ihres Frühsommer-Aufenthaltes in Barbengo die Stube zum Atelier und Ausstellungsraum. Ein Sturm hatte sowohl im Garten wie im nahen Wald zahlreiche Äste und kleine Bäume geknickt. Sie nahm sie und hängte sie kopfüber auf, die Wurzeln zur Decke streckend und die hängenden „Linien“ mit Nadeln und Fäden verbindend.
Nach einem dreiwöchigen Intermezzo mit dem Zürcher Maler und Dozenten Pierre Thomé, weilte der in Kreuzlingen ansässige Maler Philippe Mahler und Frau Ines Mahler-Garcès mit ihrer Tochter in Sciaredo.
Die Chance einer kurzfristigen Lücke im Belegungsplan nutzt im Winter 2008 die Zürcher Plastikerin und Multimediaschaffende Ursula Hirsch für ein 6-wöchiges Time-Out, während dem sie Sciaredo selbst zum Thema ihrer Auseinandersetzung machte; das Licht, die Schatten, den Nebel, den Schnee, die Sonne, die Räume, das Haus, den Wald, die Kirche, die Berge....
Brigitte Stadler ist aktives Mitglied des Vereins Sciaredo und somit schon seit langen Jahren mit allem was zu Haus und Garten gehört vertraut. Im Februar/März 2008 „gehört“ ihr das Haus indes allein und sie entwickelt hier ihr der Natur verbundenes eigenes Werk weiter.
Nur kurz weilte daraufhin der Aargauer Künstler Peter Fischer und seine Partnerin in Barbengo.
Ihr folgt das Zürcher Künstlerduo Simone Eberli und Andrea Mantel. Die beiden Künstlerinnen gehören zu den wenigen jungen Künstler-Müttern, die ihre Kinder in vielfältigster Form in ihre Kunst miteinbeziehen, sowohl visuell wie inhaltlich, zum Beispiel als Gegenüberstellung von Generationen.
Auf Severin Müller und Patrizia Guagliardi (s. 2004) respektive Christian Scholz (s. 2007), folgen von anfangs Oktober bis Ende Dezember 2008 das Ehepaar Alice und Bruno Arn aus Münchenbuchsee. Der Aufenthalt wird für sie zu einem wichtigen Teil ihres Lebens, darum bewerben sie sich bereits 2010 erneut um eine 13-wöchige Residenz in der Casa Sciaredo.
Die ersten Monate des Jahres 2009 verbringt Scott Woodward Meyers (s. 2001/2002) in der winterlichen Einsamkeit des Tessins.
Im Mai 2009 logierten Petra Elena Köhle und ihr Partner Nicola Vermot Petit-Outhenin im Haus und befassten sich mit ihren Projekten aus den Bereichen Film und Theater.
Juni/Juli desselben Jahres geht es lebendig her und zu auf dem Hügel, die Kuratorin Mara Züst, 2 Kinder und der Landschafts-Architekt André Rey verbrachten 9 Wochen in der Casa Sciaredo.
Als lang ersehnte Aus-Zeit erlebt der Aargauer Maler und Zeichenlehrer Otto Grimm die acht Wochen seiner Residenz in Barbengo. „Endlich wieder einmal so richtig Luft holen“! Und: „Für mich war das eine traumhafte Zeit“.
Nicht weniger als 26 Wochen mieten sich 2009/2010 die Künstlerin und Dozentin Esther Verena Schmid und ihr Lebenspartner Manuel Franco Rüetschi in den hellen Räumen des Hauses ein.
Jeweils rund um Ostern «gehört» das Haus dem Verein Sciaredo, einer kleinen, losen Künstler- und Architektengruppe rund um den Maler Thomas Rutherfoord aus Winterthur. In den zwei Wochen machen sie indes nicht einfach Ferien, sondern führen, ihrem Auftrag als Teil der Trägerschaft innerhalb der Stiftung entsprechend, vielerlei kleine Unterhaltsarbeiten bzw. vor allem Arbeit im Garten aus.
Für die Zeit vom 10. April bis 15. Mai 2010 verlegt die Zürcher Gestalterin Agnès Laube ihren Wohnsitz nach Barbengo. Ihre folgt im Mai/Juni 2010 die Zürcher Malerein Syl Bamert.
Nur auf Stippvisite ist die in Genf lebende Amerikanerin Elisabeth Burch in Barbengo, doch der Malerin gefällt es so gut, dass sie so bald als möglich zurückkehren will.
Auf Hans Diethelm und Brigitte Müller folgen im August 2010 die Videokünstlerin Regula Michell und ihr Partner Markus Kenner. Inspiriert durch die Pflanzenwelt und angeregt von Gärtner Claudio Bielli erkundet RM die Umgebung. Erstmals werden Videoaufnahmen von Pflanzen zum Ausgangsmaterial für ihre Moving Ornaments. Die Aufzeichnungen verarbeitet sie später in Zürich zu rhythmischen sich langsam und kaleidoskopisch verändernden Moving Ornaments.
Im August/September 2010 weilt wieder einmal ein Architekt im Haus. Es ist der Luzerner Fabian Thadeus Kaufmann und seine Partnerin Mengia Dosch. Mit von der Partie auch ihr kleiner Sohn.
Bis Ende 2010 arbeiten Alice und Bruno Arn im Haus (s. 2008).
Den Auftakt 2011 machen André und Cornelia Wilhelm aus dem zürcherischen Wald, die sich mit Malerei und Film befassen. Leider kommt es hierbei und danach zu einigen Turbulenzen, sodass die Erfolgsgeschichte der Barbengo artists in residence erst im Frühjahr 2011 weitergeht.
Nach dem Arbeitsaufenthal des Vereins Sciaredo im April 2011, kehrt Christine Götti, Künstlerin aus Arlesheim, zurück nach Barbengo, um daselbst im Einklang mit den morgendlichen "Vogelkonzerten" eine dem Kanon "Dona nobis pace" folgende Linolschnittreihe zu verwirklichen.
Ihr folgen von Juli bis Ende September 2011 die Zürcher Bewegungspädagogin und Künstlerin Syl Bamert zusammen mit ihrem Partner Ulrich Bachmann,Initiant und Projektleiter des Forschungsprojekts FarbLichtLabor der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich.
Einen eigentlichen Wohn-Wechsel vollziehen der Zürcher Fotograf Peter Lüem (besuchsweise auch seine Partnerin Nadja Athanasiou und natürlich der Hund Zipo), die von Oktober 2011 bis März 2012 bei überdurchschnittlich sonnigem und warmem Wetter im Atelierhaus weilen. Lüem sagt von sich: "Ich bin ein Sammler" und meint damit die Vielzahl an Themen und Projekten, die er gleichsam interaktiv vorantreibt und stets mit den Gegebenheiten des Ortes und ihrer Zeitqualität verbindet. So auch in und mit Barbengo respektive dem "Geist" von Georgette Klein und ihrem Bau-Haus.
Die Zeit um Ostern "gehört" traditionellerweise dem Verein Sciaredo – die Winterthurer Künstlergruppe zieht aber nicht primär zwecks künstlerischer Inspiration ins Tessin. Als eine der Trägerschaften der Stiftung sorgt sie - soweit es die Ressourcen erlauben - für den Unterhalt des seinerzeit von Georgette Tentori-Klein angelegten, parkähnlichen Gartens rund um das Atelierhaus (siehe Rubrik "Garten") und für laufende, kleine Arbeiten in und um das Haus. So auch 2012.
Ab Mitte April 2012 erfüllte die deutsche Künstlerin Petra Paffenholz die Innen- und Aussenräume mit ihrem für Ort und Natur sensiblen Geist. Obwohl Naturformen und -proportionen in ihrem zeichnerischen und plastischen Werk eine wichtige Rolle spielen, war das Leben in dem einzig von Natur umgebenen Haus für die in der Stadt Köln lebende Künstlerin eine echte Herausforderung. Umso mehr als ein Aufenthalt in dem durch den öffentlichen Verkehr ungenügend erschlossenen Barbengo ohne Auto zusätzliche Erschwernisse bringt. Freundlicherweise haben Mischa und Cylia Gerster, die in Barbengo wohnhaften "guten Geister" des Hauses einmal mehr "gute Dienste" geleistet. So dass sich P.P. in ihrer Tessiner Aus-Zeit intensiv auf die Situation des "Kraftortes" Sciaredo einlassen konnte. Die gesammelten Blumensamen werden (hoffentlich) ein Stück Barbengo in Köln im wahrsten Sinne des Wortes aufleben lassen.
Im Mai 2012 reiste der norwegische Maler Italo Moro an. Wie sein Name verrät, hat er italienische Wurzeln und das bewog den in einem surreal-expressiv-erzählerischen Stil Malenden denn auch in der Südschweiz diese Wurzeln wieder einmal zu ergründen.
Am 9. Juni fand erstmals der Sciaredo-Apéro statt. Darum gehörte das Haus für einmal eine Woche den StiftungsrätInnen selbst. War das Wetter anfangs Juni miserabel (wie fast in ganz Europa) und verunmöglichte ein Felssturz am Gotthard sogar die problemlose Reise von Norden nach Süden, schienen die Zeichen dafür wenig gut. Doch just während des Apéros zeigte sich die Sonne und wärmte die Atmosphäre blitzartig auf, sodass die dennoch zahlreichen Gäste letztlich einen wunderschönen Nachmittag in Georgette Kleins "Reich" erlebten. Arbeiten aus dem Nachlass, Einblicke in Dokumente, Fotografien ab PC, ein kleiner Vortrag zu Leben und Werk von GEO gaben dem Zusammensein Inhalt und Substanz. Bekannt wurde bei dieser Gelegenheit auch, dass das Haus nun offiziell in die Liste der denkmalgeschützen Bauten im Tessin aufgenommen ist.
Da bis zur Ankunft der Ostschweizer Künstlerin Doris Naef ein unerwartetes "Loch" in der Belegung des Hauses entstanden war, packte Brigitte Stadler vom "Verein Sciaredo" kurzfristig die Chance, Gartenpflege (nach einem heftigen Gewitter verbunden mit Hagelschlag dringend nötig) mit eigenen künstlerischen Plänen zusammenzuführen. "Radici" heisst die Bild-Serie, an welcher die Winterthurerin zur Zeit arbeitet. Zu sehen sind feine "Luftwurzeln" in feinen Aquarell-Farben, die gleichsam ins Licht führen, was sich auf und unter der Erde, innerhalb und ausserhalb von uns einem Lebensfluss gleich immer neu vernetzt.
Fünf Sommerwochen (ab 16. Juni 2012) verlebte danach die Ostschweizer Künstlerin Doris Naef in Barbengo. 2001 war sie erstmals im Haus und hatte nun Lust, die Erinnerungen aufzufrischen und neue Eindrücke hinzuzufügen.
Bis 9. September 2012 war danach die Zürcher Künstlerin Georgette Maag in Barbengo. "Das Haus ist so inspirierend", schreibt sie in einem Mail. Auch sie weilt ohne Auto da, was in diesem Fall allerdings bewusst Lebensalltag ist und unter anderem dazu führt, dass die Namensvetterin von Georgette Klein fast intuitiv jene Wege durch die Tessiner Berge und Täler findet, welche schon frühere Generationen nutzten, während die Autos auf langen gewundenen Strassen oder gar von der Rückseite eines Berges zum Ziel gelangen müssen....vielleicht hat das selbstverständliche Wandern etwas mit ihrer Kunst zu tun, die sehr stark auf Beobachtung ausgerichtet ist. Entstanden ist diesen Sommer. u.a. das Video "Venti periodici", das die Künstlerin als Schattenbild auf der Dachterrasse zeigt. Unnötig zu sagen, dass der Schatten nur kurz am Tag genau die gewünschten Dimensionen hat und der Wind längst nicht immer genau dann so weht, dass das Kleid der Schattenfigur "sich im Winde wiegt" …
Das Jahr schreitet voran. Im September 2012 weilt die Zürcher Kommunikationsdesignerin Regula Ehrliholzer im Tessin. Die ausgebildete Geographin betreibt zusammen mit Marc Droz das Büro dr/eh GmbH in Zürich, das sich die Visualisierung von komplexen Inhalten auf die Fahne geschrieben hat.
Ihr folgt im Oktober - nicht zum ersten Mal - die Zürcher Künstlerin Ursula Hirsch, die sich während ihres Aufenthaltes im gelben Haus intensiv auf die Publikation von vier Heften zu verschiedenen Werken und Aspekten ihres langjährigen Schaffens als Plastikerin, Wand- und Raumgestalterin vorbereitet.
Bis zum 4. Dezember 2012 ist Sciaredo in der Folge das Reich der Architekturfotografin und Grafik-Designerin Nina Baisch aus Konstanz. Sie habe, so schreibt sie, in diesem Spätherbst ganz neue Facetten des Tessins kennen und schätzen gelernt. Von den geplanten Architektur-Projekten (für den Tessiner Heimatschutz) hätte sich zwar manches nicht so realisieren lassen wie sie sich das gewünscht hätte, doch "verzaubert" habe sie ein freies "Fotoshooting" in und um die dem FAI (dem italienische Heimatschutz) zugehörende Villa Fogazzaro Roi in Orio auf der italienischen Seite des Luganersees.
Erprobten im Herbst 2012 konzeptuell denkende und handelnde Künstlerinnen und Designerinnen den Sciaredo-Spirit, so setzt der Zürcher Oberländer Künstler André Wilhelm in der Jahreswende einen Kontrapunkt. Der mit anarchistischen Überlegungen argumentierende Maler und Collagist nimmt in seinen eher rohen, expressiven Werken Bezug zu politischen, sozialen und gesellschaftlichen Themen. So ziemlich ohne Rücksicht auf Verlust, was man nach seiner Abreise leider auch dem Haus ansah …
Die zweite Hälfte des Monats Januar 2013 gehörte nicht den Künstlern, sondern der Stiftung. Auf Initiative von Brigitte Stadler wurde in den längst einen geschlossenen Kranz um das Haus bildenden Wald eine Bresche nach Süden geschlagen. Seit Georgette Tentori-Kleins Tod (1963) war der Wald nur gewachsen! Nun sollte wieder etwas Leichtigkeit und Weitsicht einkehren, was dank der Fach-Arbeit von Stefano Rickenbacher und zahlreichen HelferInnen auch gelang. Sciaredo ist jetzt blickmässig wieder mit Italien verbunden!
Die anfänglich massiven Wunden erlebte in den Wochen danach als Erster Reto Gadola, Architekt aus Zürich und Dozent für Konstruktion an der Fachhochschule Nordwestschweiz.
Die unerwartete Lücke in der Vermietung des Hauses nutzen im Februar/März 2013 Altbekannte, nämlich das Ehepaar Alice und Bruno Arn aus Münchenbuchsee. Beide reisen mit konkreten Projekten an, die sich in der Abgeschiedenheit des winterlichen Tessins trefflich vorantreiben - und überdies mit erweiterten Ideen toppen lassen.
Die Osterzeit gehört in Sciaredo dem Verein Sciaredo, der in dieser Zeit Haus und Garten auf Vordermann bringt. Mit den Nachwehen der Holzerei vom Januar waren die Aufgaben heuer a priori gesetzt. Und auch anfangs April setzte die Stiftung noch einmal ein Zeichen für sich selbst. Am 13. April fand der zweite Sciaredo-Apéro statt. Bei schönsten Frühsommerwetter! Im Zentrum stand einerseits die als kleine Performance inszenierte Unterzeichnung des Vertrages mit der "Assoziazione Riuniti delle Donne Ticino", die fortan den Nachlass von Georgette Klein bewahren wird, andererseits die Aufführung eines Puppenspiel-Einakters durch Elisabetha Bleisch und ihren Partner Fritz Schemmer. Ein voller Erfolg!
Ab Mitte April 2013 steht Sciaredo dann aber wieder ganz im Zeichen der KünstlerInnen. Von Mitte April bis Ende Mai lebt die in Heidelberg wohnhafte Zürcher Künstlerin Stefanie Anrig in Barbengo. Auch wenn die lang anhaltenden, heftigen Regenfälle Zeichen und Grenzen setzten, animierte die Atmosphäre die Malerin zu intensiver Arbeit. Die Farben und Formen der Natur, der Landschaft, durchdrangen den abstrakten Malstil der Künstlerin und verfestigten sich zu intensiven Barbengo-Bildern.
Von Juli bis September weilte das Ehepaar Res und Regula Eichenberger aus Schaffhausen in der Casa Sciaredo. In einem kleinen Bericht ist von einer "Auszeit" die Rede, die für verschiedenste Aktivitäten intensiv genutzt wurde. Farben und Formen fanden in Airbrush- Arbeiten auf Papier, vor allem aber auch in inszenierten Fotografien zu bildhaftem Ausdruck, das neu gestimmte Klavier liess - wie einst zu Georgette Tentoris Zeiten - das Haus erklingen und der Garten blühte auf.
Weil sich nirgendwo besser über das künstlerische Werk von Georgette Tentori-Klein nachdenken lässt, zog Stiftungspräsidentin Annelise Zwez Ende September/anfangs Oktober für eine Woche ins Haus, um daselbst ihren Text für die für 2014 vorgesehene Publikation vorzubereiten.
Ihr folgte am 7. Oktober die Szenographin und Installationskünstlerin Karin Bucher aus Trogen mit ihrem im Bereich Film tätigen Partner Thomas Karrer für einen kurzen Aufenthalt von zwei Wochen.
Gleich für das ganze Winterhalbjahr (d.h. bis 17. April 2014) haben daraufhin das Rapperswiler Künstlerpaar Daniela Villiger und Andri Köfer ihr „minimuseumvigano“ nach Sciaredo verlegt. Das Haus war ihnen Lebensort, aber auch Zentrum ihrer künstlerischen Aktivitäten. Diese sind nicht auf bleibende Werke, sondern auf temporäres Gestalten, Ausstellen, Vernetzen ausgerichtet; auf ständigen Dialog mit dem Schaffen anderer Künstler. So war Barbengo denn eigentlicher Künstlerort in dieser Zeit; das "minimuseumvigano" eben.
Ihnen folgte bis 3. Mai der Verein Sciaredo und die Stiftungspräsidentin mit diversen Unterhaltsarbeiten in Haus und Garten. Auch eine grosse Sitzung des Stiftungsrat fiel in diese Zeit.
Einen persönlichen Akzent setzte im Mai die auf Raum + Farbe spezialisierte Baselbieter Innenarchitektin Sibylle Schaerer, die sich in Barbengo eine knapp 3-wöchige Auszeit leistete.
Ganz klar künstlerisch ausgerichtet war hingegen der Aufenthalt des 1968 in Wien geborenen Genfer Kunstschaffenden Thierry Feuz (25. Mai bis 15. Juni 2014). Im Zentrum seines malerischen Werkes stehen florale Motive - dabei geht es aber nicht um Abbilder - sondern um eine künstliche (künstlerische) Parallelwelt, in der Florales aus dem Kosmos der Farbe wächst und keine Rücksicht auf Naturgesetze, Grössenverhältnisse etc. nimmt. Nach Barbengo kam er mit der Fragestellung: Wie kann ich die Natur direkt in meine Arbeit integrieren und doch "abstrakt" bleiben. Es ist naheliegend, dass das in die Natur eingebettete Sciaredo-Haus hiezu ein "Paradies" war.
Vom 16. Juni bis 27. Juli war Sciaredo drinnen wie draussen "Atelier" für Stefanie Anrig, die bereits im Jahr zuvor in Barbengo weilte. "Wenn ich in eine Stadt fahre", so die Künstlerin, "brauche ich Tage, vielleicht sogar Wochen, bis ich zu meiner Malerei finde, in Sciaredo hingegen kann ich auspacken, die Utensilien bereit stellen und eintauchen". Farben und Formen aus der unmittelbaren Umgebung wachsen auf ihren Leinwänden zu einer lichtdurchfluteten und farbbetonten Peinture am Rande der Abstraktion.
Neues erlebte das Haus Ende Juli/Anfangs August 2014 Eine 4er-Crew von Gymnasiasten aus Lugano - Luca Sassoli, Gioele Sala, Olivier Mucchiut und Alan Gerster, dessen Eltern das Atelierhaus seit langen Jahren vor Ort betreuen, haben für einen Wettbewerb im und "auf" dem Haus einen Kurzfilm gedreht. Das Thema - so Alan Gerster - habe "Schiessen" gelautet und da hätten sie beschlossen Photos zu "schiessen" und als Reihe von "Shots" zu inszenieren.
Im (ausgesprochen nassen) August 2014 lebte die Berner Künstlerin Erika Kunzmann im Haus Sciaredo. "Eine grosse Bereicherung", schreibt sie der Stiftung. Und: Ein paar goldene Sonnentage haben uns für die vielen Regentage entschädigt. Erika Kunzmann ist Zeichnerin und Aquarellistin und ihr Motiv die Natur. Einmal betrachtet sie sie von nahe - einer wissenschaftlichen Zeichnerin gleich - ein ander Mal lässt sie den Formen freien Lauf, konzentriert sich fast ganz auf die Farbe und nimmt die Rhythmen der Natur und des Lichtes und des Ortes auf, bis hin zu gänzlich ungegenständlichen Wasser-Farben auf Papier.
Ab September 2014 (bis 30. Nov.) war in Sciaredo fast täglich Schwyzer Örgeli-Musik zu hören. Räume mit Klängen füllen (z.B. rumänischen Volksweisen) gehört für die Zürcher Oberländer Künstlerin Eveline Imamoglu (Uster) zum Tagesablauf. Von Haus aus ist die Alt-68erin ein Multitalent, äusserte sich im Laufe ihrer kreativen Zeit mit Performances, Objekten, Installationen, Malerei, Fotografie, Audio-Arbeiten usw. Zu ihrem Lebensinhalt gehört aber auch das Bergwandern, das ihr immer dann, wenn sie auf dem Gipfel steht, neue Horizonte öffnet. In Barbengo entstand sowohl eine neue digitale Audio-Arbeit wie zahlreiche Pinselzeichnungen.
Eine Art Testlauf für einen längeren Aufenthalt verbrachte der Thurgauer Architekt und Kulturveranstalter Hans Bissegger anfangs Dezember im Atelierhaus Sciaredo (1. bis 14. Dez.). Ihm folgte die Stiftungspräsidentin Annelise Zwez für eine Woche, um einerseits die Inventarisation der Bibliothek von Georgette Klein abzuschliessen und andererseits die Installation eines zusätzlichen Radiators im Atelier und den Einbau einer «Feuerkiste» ins Kamin zu begleiten. Leider zeigte sich das Wetter während der ganzen Woche von seiner garstigen Seite.
Am 21. Dezember zog dann Peter Lüem auf den Sciaredo-Hügel, um daselbst die Wintermonate 2014/2015 zu verbringen. Wie schon während seines ersten Aufenthaltes 2011/2012 war es für den in Zürich als Fotograf arbeitenden Künstler ein bereicherndes Erlebnis, praktisch gleichzeitig im Innenraum am Computer zu arbeiten und draussen als Bildhauer. Der grosse Nespole und die Spitzen von zwei Zitterpappeln, die während Stürmen im Jahr 2014 um- respektive herunterfielen, lieferten dem vielseitig Tätigen Werkstoff in Hülle und Fülle.
Die Osterwoche stand ganz im Zeichen der Wasserleitungs-Sanierung nach einem Rohrbruch im Februar. Handwerker gingen ein und aus. Dekonstruktion und Konstruktion waren nahe beeinander. Ebenso Staub und Lärm. Nach dem Abzug der "Experten" blieb für die Sciaredis das Aufräumen, Putzen und Wiederherstellen. Uff! Auch die Woche nach Ostern stand im Zeichen des Haus-Unterhalts. Ausbesserungs-Gips da, eine Schraube dort, die Gartenschaufel hier die -schere dort. Und mehr.
Ab 13. April kam wieder Ruhe auf den Hügel. Der Zürcher Künstler Walter Lüönd nahm für 21/2 Monate Wohnsitz in Sciaredo. Dabei entwickelte er gleich zwei spannende, ortsspezifische Projekte - zum einen reaktivierte er das vor sich hin dämmernde "Grotto" unterhalb des Sciaredo-Hügels - ganz im Sinne des kleinen Haus-Zeichens, das Georgette Klein 1931 unter den First malte: "Mon Rêve". Zum andern übersetzte er einen im Haus vorgefundenen Holzschnitt-Druckstock in einen zeitgemässen QR-Code und verband so Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Mit vielen Ideen und Plänen kam daraufhin Mathis Füssler, Zürcher Grafiker, Szenograf, Musiker und Dozent am Institut für Architektur der FHNW nach Barbengo. Mit dem Ziel, so sagte er in einem Interview, seine Gedanken so weit zu ordnen, dass er aus mindestens fünf Buchideen sein nächstes Projekt herauskrisrtallisieren kann. Und im weiteren das Konzept für die Gestaltung einer Ausstellung zu Conrad Gessner (1516–1565) voranzutreiben. Und last but not least in einem Workshop (5. Juli bis 1. August 2015) mit angehenden ArchitektInnen deren Fähigkeit Gestaltung in einem atmosphärischen Raum wie in Sciaredo bietet, zu fördern .
Nirgendwo, so sagt die Zürcher/Heidelberger Künstlerin Stefanie Anrig, könne sie sich so schnell vom Alltag lösen und in ihre Malerei eintauchen, um daselbst neue Bilder zu finden, wie in Sciaredo. Darum war es ihr ein Anliegen, noch einmal wunderbare Wochen im Energiefeld des gebauten gelben Kubus und der ihn umgebenden, gewachsenen Natur zu verbringen (2. August bis 5. September). "Es ist so herrlich hier", schreibt sie in einem Mail. Zu ihren Entdeckungen gehörte das wiederbelebte Grotto, das sie als erstes fotografisch in ihre "Welt" holte.
Wenn ich in diesem Haus "residieren" darf, dann nähe ich den Räumen neue "Kleider", sagte die in der Halen-Siedlung bei Bern lebende Kreativ-Frau Sabine Eichenberger ein Jahr vor ihrem Aufenthalt in Sciaredo (6. September bis 10. Oktober 2015). Mit "Kleider" meinte die nie ohne Nähmaschine in die Ferien Fahrende neue Vorhänge; leichte, helle für den Sommer und dunkle, schwere für den Winter, wenn die Kälte durch die Ritzen der metallenen Originalfenster von 1932 eindringt. Gesagt, getan....wobei die aus militärgrünem Wollstoff genähten Wintervorhänge fein, und doch deutlich, Leit-Linien der Künstlerin aufweisen.
Die darauffolgende Woche (10. bis 18. Oktober) stand ganz im Zeichen des im Frühjahr 2015 gleichsam "wiederentdeckten" Grottos. Annelise Zwez und die Bieler Künstlerin Daniela da Maddalena hatten sich zum Ziel gesetzt, den Gewölbe-Keller des ursprünglichen, das heisst 1854 erbauten Tessiner-Hauses von Staub, Erde, Glasscherben und verrostetem Metall zu befreien und wieder zu einem begehbaren Raum zu machen. Was den beiden Frauen mit einiger Anstrengung auch gelang. Und nicht nur das: Aus dem Verbliebenen - dem Federkern eines einstigen Bettes zum Beispiel - entwickelte de Maddalena schon bald die Idee zu einer Kunst-Installation respektive einer wundersame Geschichte, die von Damaskus über die Balkan-Route bis nach Barbengo führt.
Am 18. Oktober ging der Wanderstab weiter an Romeo Grünfelder und seine Partnerin Sonja Vordermaier aus Hamburg weiter; mit ihnen ist auch die 5-jährige Tochter Fernanda. Residenzen an verschiedenen Orten in verschiedenen Ländern sind für das Künstlerpaar ein wichtiges Elixier, doch "Wohn-Ateliers für Familien sind rar". So war denn ein weit zurückliegender Besuch in der Casa Sciaredo die Initialzündung für das Experiment "Familien-Residenz" der plastisch und fotografisch tätigen Künstlerin und ihrem filmisch-künstlerisch tätigen Partner.
Den Auftakt 2016 machten zwei Frauen: Margareta Kümin und Elisabeth Bissig aus Rüti bzw. Bern. Beide sind neben ihrer Hauptarbeit immer wieder auch künstlerisch unterwegs. Den zweiwöchigen Rückzug vom 3. bis 16. Januar in der Casa Sciaredo nutzten sie dazu, sich wieder einmal ganz diesem Tun hinzugeben. Bewusst hatten sie nur wenig Material mitgenommen (Tusche, Papier, Stoff, Faden), wollten mit dem arbeiten, was sich vor Ort fand. Inspiriert von der Umgebung in und um die Casa entstanden eine Reihe minimalistisch gehaltener Tuschzeichnungen und Stickereien.
Der geplante Einzug per 17. Januar der nächsten Mietenden – Nicole König und Wolfgang Thies aus Berlin – verzögerte sich aus familiären Gründen um zwei Wochen. Und so gingen sie ihrem Filmprojekt ab dem 31. Januar bis 28. Februar nach.
Die ersten Wochen März konnte das Haus keine Gäste beherbergen; der Beginn der Renovation von Fassade, Terrassen und Wasserhaushalt war angesagt. Die intensivste Zeit der Dekonstruktion konnte niemandem zugemutet werden. Am 16. März traf Annelise Zwez ein und verfolgte in der darauffolgenden Woche die Arbeiten von nahe brachte auch Haus und Garten auf Vordermann. Trotz Bauarbeiten stattete die Zürcher Künstlerin Myrtha Steiner, die künftig im Stiftungsrat mitarbeiten wird, der Casa ihren Antrittsbesuch ab, bei schönstem Frühlingswetter. Auch die Solothurner Künstlerin Fränzi Neuhaus liess sich von Bauarbeiten nicht abschrecken und weilte zwei Tage in Sciaredo - im Garten sind im Frühling hundert Hände gefordert!
Über Ostern hielten sich traditionsgemäss Mitglieder des Vereins Sciaredo in Barbengo auf - auch sie richteten ihr Augenmerk auf das Haus und, vor allem, den jährlich Pflege heischenden Garten. Heuer waren Stiftungsrat Roland Gut, die Sciaredo-Gartenfachfreu Brigitte Stadler sowie die Winterthurer Künstlerin Therese Wey sowie Angehörige samt Kindern vor Ort.
Am 3. April reiste Bruno Büchel, Künstler aus St. Gallen/heute Bielefeld an. Er hatte seinen Aufenthalt lange vor dem Zeitplan für die Renovation gebucht und musste sich nun in die Situation einpassen. Er tat dies mit viel Humor, Toleranz und vor allem auch Interesse. Schon in den ersten Zeichnungen und Bildern werden das Haus und das Gerüst davor zum Bildmotiv und wandeln sich in der Folge in verschiedene Darstellungsformen. Auch die Rebberg-Landschaft wird zum Motiv, wobei sein besonderes Interesse stets den Lineaturen und den durch sie gebildeten Innenformen gilt. Am Schluss seines Aufenthaltes kann er ein ganzes Konvolut an neuen Werken ins Auto packen ...
Am 1. Mai treffen die Architektin Silvia Ruoss und ihr Partner Werner Gysin für einen Kurzaufenthalt bis Pfingsten ein.
Nach Pfingsten trifft der Genfer Mixed-Media Künstler Thierry Feuz in Sciaredo ein. Bereits 2014 war die Zeit auf dem Hügel eine sehr inspirierende für ihn. Wie, so fragte er sich damals, kann ich die Natur direkt in meine Bilder einbringen? - Gräser als Schablonen für eine Farb-Sprühschicht als Basis für die Entwicklung des Bildes war die Antwort. Diese Fährte verfolgte er auch jetzt, in den neuen Arbeiten auf Papier jedoch fragmentiert und in reichem Wechselspiel mit Cut-Outs von fraktalen Ornamentdrucken, Aquarellpartien, zeichnerischen Elementen und mehr. Die Kombination verschiedener Visualisierungen sei ihm sehr wichtig, betont er, sie bestimme die zwar naturnahe, aber dennoch artifizielle - im besten Falle "magische" - Atmosphäre seiner Bilder.
Vom 12. Juni bis 2. Juli 2016 weilt der Zürcher Architekturpublizist Michael Hanak in der Casa. Sein Ziel: Die Arbeiten für das Buch über den Architekten Jacques Schader (1917–2007), das er zurzeit im Auftrag des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur (gta) an der ETH Zürich schreibt, weiter vorantreiben. "Nach der recht aufwändigen Sichtung seines Nachlasses, in dem sich die Pläne und andere Unterlagen zu seinen Bauten und Projekten befinden, wollte ich mich in der Abgeschiedenheit der Casa Sciaredo ein paar Wochen auf das Verfassen der übergeordneten Themen dieser Bauten widmen, sowie der Biografie des Architekten", schreibt er. Da ihm die wegen klimatischen Bedingungen verzögerten Renovationsarbeiten zuweilen die Ruhe rauben, hat er seinen Aufenthalt in zwiespältiger Erinnerung.
Endlich: Am 11. Juli wird das Gerüst abgebaut und die Casa trohnt wieder als majestätischer gelber Kubus auf dem Sciaredo-Hügel.
Artist in Residence ist nun (3. Juli bis 13. August) der Solothurner/Zürcher Multimedia-Künstler Andreas Hofer und seine Frau, die Textildesignerin Irene Brühweiler. Inspiriert vom Dialog von der Architektur und der Natur, den Innen- und den Aussenräumen, dem Wildwachsenden und den strengen Proportionen, packt Andreas Hofer die mitgebrachten Utensilien gar nicht erst aus, sondern schafft während des einmonatigen Aufenthaltes ein grosses Konvolut an Zeichnungen von Sciaredo und seiner Umgebung. Und als der Schalk in packt, nimmt er eine geschnitzte Holz-Maske von Georgette Klein und entführt sie zum fotografischen Tanz.
Die Renovation fordert in den darauffolgenden Wochen ihren Tribut: ein Architektur-Workshop mit Mathis Füssler kann nicht durchgeführt werden. So geht der rollende Bewohner-Strom erst im September weiter, als Franziska Ripphausen-Loderer und ihr Mann Wolfgang eintreffen (5. September bis 2. Oktober). Während er sich in und ums Haus verdient macht, geht Franziska Ripphausen mit Elan ins Atelier und schafft eine Vielzahl unterschiedlichster Werke.
Ihnen folgen vom 2. Oktober bis 10. Dezember 2016 Alice und Bruno Arn aus Münchenbuchsee für einen längeren Aufenthalt in ihrem "Schloss". Sie sind seit 2010 bereits zum vierten Mal in der Casa Sciaredo. Für uns ist das der beglückendste Ort für unsere Auszeiten, sagen sie im Gespräch. Obwohl einiges über 70 Jahre alt, meistern sie die Anstrengungen des einsamen Hauses auf dem Hügel ohne Autozufahrt problemlos. Alice Arn kommt mit Ideen – gross, spielerisch, spontan sollen Objekte und Malerei werden! Und tun das dann auch. Bruno Arn (Architekt im Ruhestand) vertieft sich anhand der Publikation zu GEO noch einmal in die Architektur, in die Kunst und die Lebensvision von Georgette Klein und lässt daraus u.a. ein collageartiges, zeichnerisches Leporello entstehen, das Freude macht.
Nach einer Unterhalts- und Arbeitswoche der Präsidentin der Stiftung, zieht der Zürcher Performance-Künstler Heinrich Lüber und seine Partnerin in Sciaredo ein. Sie läuten das alte Jahr aus und das Neue ein (bis 7. Jan. 2017). Der Januar gehört im übrigen noch einmal den Handwerkern, insbesondere Giovanni Gilgen. Es werden nun auch noch die Innenräume des Hauses gestrichen.
Am 25. Februar reist die in Heidelberg lebende Zürcher Malerin Stefanie Anrig zusammen mit einer Freundin – der Schmuck-Designerin Silke Prottung – an. Anfänglich skeptisch bezüglich des möglichen Klimas sind sie bald begeistert vom Tessiner Vorfrühling, der sich von seiner sonnigsten Seite zeigt. So wie Sciaredo einsam auf seinem Felsenhügel steht, so will Stefanie Anrig auch den Aufenthalt gestalten. Abseits aller Heerstrassen, aller Informationsflut. Um die Sinne für Leises zu öffnen und daraus zu schöpfen. Durchaus mit Genuss und wechselnden Mitaufenthalterinnen. Ende März reisen Tine Klotz (Bonn) und Regina Berge (Köln) an – auch sie wollen die Energie des Ortes für neue Bilder nutzen (bis 13. April).
Nach einer intensiven Garten-Unterhaltswoche über die Osterzeit (Verein Sciaredo) richtet sich der Bielefelder (St. Galler) Künstler Bruno Büchel für 5 Wochen in Sciaredo ein (bis 27. Mai 2017). Musste er sich im Jahr zuvor mit den Handwerkern arrangieren, hatte er nun freies Feld für seine Ideen. Eigentlich sind die beiden Projekte, die er 2016 und 2017 verwirklichte, miteinander verknüpft. Hier wie dort geht es darum den Begriff der Malerei zu erweitern. Hilfsmittel sind ihm dabei u.a. zwei Glasscheiben, die er zeichnerisch bemalt und in Relation zur Landschaft respektive zur Architektur stellt und die Situation daraufhin aus unterschiedlichsten Blickwinkeln – auch Tageszeiten – fotografiert.
Von Ende Mai bis anfangs Juli 2017 gehörte Sciaredo dem Zürcher Künstlerpaar Walter Lüönd und Roma Messmer. Um die ausserordentliche Hitze zu mildern, verdunkelten sie die Fenster teilweise mit Überlebensfolie. Eine gute Idee! Ansonsten aber inspirierte sie der Zauber von Sciaredo. Nicht zum ersten Mal. Walter Lüönd war schon 2015 da, Roma Messmer oft als Gast auf Zeit mit dabei. Auch diesmal war es wieder das Geheimnis des Grotto, das Lüönd animierte - bis hin zu einer (einsamen) Performance als Musiker. Roma Messmer hingegen liess ihren Fotoapparat "malen" und antwortete anschliessend darauf mit Pinsel, Stift und Farbe; mal ungegenständlich, mal wiedererkennbar. Und noch etwas: Erstmals reiste eine Katze mit nach Sciaredo. Ob sie ein paar Mäuse gefangen hat? Gärtner Stefano wäre froh darum.
Die Sommerhitze machte auch Vera Dzubiella und ihrem Sohn Aurel (23) , die vom 9. Juli bis 6. August 2017 in der Casa wohnten, zu schaffen. Nichtsdestotrotz arbeitete die Land Art Künstlerin aus Basel mit viel Energie im Sciaredo-Garten, entlockte Blüten und Blättern, Ästen und Ähren, Rispen und Ranken eine Vielfalt von "Gesprächen" zwischen beseelter Gestaltung und freier Form. Vergänglich in ihrer Art, leben sie im Austausch mit ihrer Umgebung, in der Zeit. Insbesondere die Farnblätter nutzte die Künstlerin aber auch für Monotypien in verschiedensten Farben und Kombinationen.