Sonja Vordermaier – Romeo Grünfelder

Sonja Vordermaier Fächer Fotografie Sciaredo 2015Romeo Grünfelder Aus der Studien-Serie "Images Subversives"

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Was den Hamburger Wechselspieler zwischen Kunst und Film, den 47jährigen Romeo Grünfelder (www.felderfilm.de) und die plastisch arbeitende Hamburger Künstlerin Sonja Vordermaier, im Herbst 2015 nach Sciaredo führte, war unter anderem die Möglichkeit, in der Casa Georgette Klein eine der raren Künstler-Residenzen zu bewohnen, die sich für den Aufenthalt einer Familie mit Kind eignet. „Für uns war das ein Experiment“.

Die Projekte, die bei Romeo Grünfelder zu dieser Zeit im Vordergrund stehen, sind u.a. das Vorbereiten einer weiteren Sequenz der Kurzfilm-Serie „Les images subversives“;  bildnerisch und theoretisch vorangetriebene Interpretationen der Kult-Fotografien des belgischen Surrealisten Paul Nougé. In einer der bereits realisierten Studien ist ein Unterarm zu sehen, der durch eine spaltbreit geöffnete Türe in den Raum reicht. Anders als auf der Photographie von Nouge zu sehen, zeigt die Hand in Grünfelders schwarz-weiß-Miniatur keine Richtung an, sondern schwenkt ein sich entwickelndes Polaroid hin und her, um dessen Entwicklung zu beschleunigen.

Es zeigt, man  erkennt es vage, was die Fotoemulsion „sieht“. Das heisst, da kippt die Geschichte ins Phänomenologische:  das äusserlich Sichtbare dient der Visualisierung von nicht existierenden, aber in unserem Kopf möglicher Bilder, die sich nicht an den Gesetzen der Physik orientieren, sich mit Leichtigkeit ins Surreale respektive Paranormale wandeln.

Tatsächlich ist das Feld des Parapsychologischen der „rote Faden“ im Schaffen des Künstlers, der sich – auch bezüglich Rezeption - zwischen filmischer und bildender Kunst bewegt. Dieses Spannungsfeld wird auch im Mittelpunkt des ersten Lang-Filmes stehen, den Grünfelder für 2016/2017  mit dem deutschen Ableger der bekannten Zürcher Produktions-Firma „C-Films“ plant. Dass ihn das Parapsychologische gleichsam ganz konkret einholte, indem just während seines Aufenthaltes in Sciaredo die Signale der Swisscom „spukten“, war eigentlich nicht so geplant.....

Sonja Vordermaier (www.sonjavordermaier.com) verfolgte derweil andere – und sich letztlich doch berührende -  Ideen. Im Zentrum ihres plastischen wie auch ihres fotografischen Schaffens stehen unter anderem „Invisible Volumes“. Das sind in einem erweiterten Sinn Skulpturen, die in einer konstruierten oder zufälligen Moment-Situation aufscheinen und danach in einem aufwändigen Arbeitsprozess zu greifbarer Form werden. Das kann ein Schatten sein, der sich in seiner räumlichen Erscheinung  materialisiert und Skulptur wird, das kann aber ebenso ein Gewebe sein, das ­–  mit Helium gefüllt – zum flüchtigen Volumen wird oder ein Objekt, das „Negativlicht“ fasst und zu Form verdichtet. Die verwendeten Materialien hiezu reichen vom  Kunstoff Basotect UF über Flockfasern, Textilien bis Gips, Farbe und mehr.

Das Thema der Flüchtigkeit gilt auch für Vordermaiers Schaffen mit Fotografie. Hier gilt das Interesse der Künstlerin „Volumen“, die – im Innen- wie im Aussenraum – durch bestimmte Konstellationen entstehen und durchs fotografische Festhalten zu skulpturalen Ereignissen werden. Das können Ein-, Aus- oder Durchbrüche sein, Licht und Schatten, in die Weite oder in die Nähe Zielendes. Oft, so sagt die Künstlerin, liegen Fotos lange im „Archiv“ bis sie relevant werden; so ist auch (noch) ungewiss, wohin die Sciaredo-Aufnahmen sie führen werden.

Interessant ist, dass das „Invisible“, von dem Vordermaier spricht –  das Umformte, das Flüchtige, das Volatile – das im Moment aufscheint, durch die Fotografie festgehalten und/oder  skulptural verfestigt wird, durchaus Berührungspunkte mit den „Images subversives“ und anderen Kurzfilmen Grünfelders aufweist.

 

Sonja Vordermaier und Romeo Grünfelder nutzten den Freiraum "Sciaredo" ohne sich dabei konkret auf Ort und Gegebenheiten zu beziehen. Was auch keinerlei „Must“ für die  Sciaredo-Artists in Residence ist. Doch der Einfluß, den der 21/2-monatige Aufenthalt hinterlassen habe, werde, so sind die beiden Kunstschaffenden überzeugt, in neuen Arbeiten auf die eine oder andere Weise zu Tage treten.

 

 

azw Januar 2016