Erika Kunzmann

Erika Kunzmann Aquarell 2014

 

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Zwei Momente prägen die bild-gestalterische Tätigkeit  von Erika Kunzmann, die im Sommer 2014 in Sciaredo weilte: die jahrzehntelange Liebe zum Zeichnerischen und zum Aquarell und der Motivkreis rund um die Natur – vom exakt Abbildenden bis zum frei schwingenden Licht- respektive Farbrhythmus.

Der gelb-leuchtende Kubus von Sciaredo, seine Nähe und Weite zeigende  Gartenanlage und die ganz besondere energetische Qualität des Ortes waren somit geradezu prädestiniert für die Berner Künstlerin. „Ein lieblicher Duft durchströmt den ganzen Wald. Zyklamen, überall verstreut, zieren den Waldboden, strecken ihre roten Blütenblätter wie kleine Flügelchen in die Höhe, wirken fast schwebend“, notiert sie am 17. August in ihr Tagebuch.

Leider macht der ausprochen nasse Sommer einem durch und durch „sonnigen“ Aufenthalt einen Strich durch die Rechnung. Da konnte die Heiterkeit und Wonne auch mal kippen: „Die Luft ist hochgradig feucht, das Aquarellpapier trocknet kaum. Malen fast unmöglich“ (Tagebuch,18. August). Doch dann „bewegt sichs – ein heller Fleck – ein scheuer Strahl – die Sonne zieht ihre Bahn“.

Die Notizen zeigen: Das Malen, das Zeichnen sind für Erika Kunzmann nicht einfach Tätigkeiten, sondern bedürfen, um Ausstrahlung zu erlangen, mentaler Vorarbeit. Die Linien, die Pinselzüge finden ihre Leichtigkeit nur wenn auch der Atem der Künstlerin fliesst, das Gewicht des Materiellen aufgehoben wird und einer Balance zwischen Erdkraft und Himmelslicht Raum gibt.

Dabei spielt zweifellos auch Musikalisches eine Rolle. Wie aufmerksam Erika Kunzmann auf Klänge reagiert, zeigt sich schon im Beschrieb ihrer Ankunft in Sciaredo. „Als wir angekommen sind (17.45 Uhr) hat sich der Kirchturm so gefreut, dass er uns gleich seine Melodie gespielt hat“ . Die Magie des Glockenspiels gehört für alle zum Erlebnis Sciaredo, aber Erika Kunzmann hört nicht nur hin, sie bittet ihren Partner sogleich die Melodie zu notieren  (ähnlich wie in den Bildtiteln oft ihre Auseinandersetzung mit  Botanik durchschimmert):

Glockenspiel Kirchturm 
Dass der Aufenthalt sie erlebnishaft, aber auch ganz persönlich berührte, hat  noch einen ganz anderen Grund. Bei der Lektüre der Geschichte des Hauses wurde Erika Kunzmann plötzlich klar, dass Marcelle Klein – die Schwester und spätere Erbin der Hauserbauerin und Künstlerin Georgette Klein – in den 1950er-Jahren ihre Französisch-Lehrerin war. Mehr noch: „Als sich die Abschlussprüfungen näherten, fand Frau Klein, ich könnte noch paar Zusatzstunden brauchen und anerbot sich, mir privat welche zu geben. So lud sie mich in ihre Mansarde ein und wir lehrten und lernten an einem kleinen Tischchen inmitten von unzähligen aufgestapelten Büchern. Es war ein tolle Stimmung. Ich sehe sie jetzt noch genau vor mir.“ (Mail an die Schreibende, Sept. 2014)  - Bücher aus der Bibliothek von M.K.  und auch ihr Klavier sind heute noch im Haus.

So schlich sich in den erstmaligen Aufenthalt in Barbengo plötzlich noch ein bereicherndes, biographisches Element hinein, das  gewiss, wenn auch unsichtbar, in die künstlerische Arbeit in Sciaredo einfloss.

 

Annelise Zwez September 2014