Heinrich Lüber Performancekünstler Zürich

Heinrich Lüber Performance-Skizze 12_2016Heinrich Lüber Performance-Skizze Sciaredo 12_2016Heinrich Lüber Performance-Skizze für Hamburg Sciaredo 12_2016

 

Was beinhalten 10 Jahre?  Was war damals, was ist heute wichtig? Dies und anderes mehr bewog den aktuell in Zürich lebenden Künstler und ZHdK-Dozenten Heinrich Lüber (*1961 in Wattwil/SG) nach einem dreimonatigen Aufenthalt im Jahr 2006 die Weihnachtszeit 2016/2017 in Sciaredo zu verbringen; zusammen mit seiner in der Ausstellungsgestaltung tätigen Partnerin Brigit Rufer („Rob&Rose“)* und den beiden Kindern Eliot (6) und Rosa (3). Herrliches Winterwetter mit viel Sonnenschein trug zum positiven Erlebnis des Aufenthaltes bei.

An eigentliche Sciaredo-Projekte war in nur drei Wochen nicht zu denken, um so mehr als die Kinder die kreative Arbeitszeit oft auf nächtliche Stunden reduzierten. Aber: Der Zeitpunkt des Aufenthaltes schien nicht Zufall. Denn nach 20 Jahren intensiver, publikumsorientierter und körperbetonter Performance-Tätigkeit   – „Markenzeichen“ ist Heinrich Lüber als stundenlang „frei im Raum schwebende Figur„ im Dialog mit  Ort, Raum und Architektur –  war es in den letzten Jahren  nach aussen etwas ruhiger geworden.

Zum einen fordert ihn seine Professur an der Hochschule, zum andern teilt er sich in die Erziehungsarbeit mit seiner Partnerin, aber da wuchs auch das Bewusstsein, dass man mit 55 Jahren nicht mehr dieselbe Lust hat, sich in unsichtbaren Gestängen Raum und Zeit auszusetzen. Es stellte sich die Frage, wie weit Angst und Risiko als Teil jeden Aussetzens für ihn noch relevant ist. Wo, so gärt es darum aktuell, wo ist die Zukunft, wie soll und will er sich „neu erfinden“?

Als Dozent ist es klar: Da setzt er in seinen vor allem auf „Mentoring“  ausgerichteten Unterrichts-Projekten weiterhin auf Begriffe wie „Occupy Experience“ oder – wie er es einmal formulierte – „where the magic happens“. Dies in latentem Gegensatz zu anderen, stark konzeptionell und theoretisch ausgerichteten Hochschul-Positionen.

Dass dieses „Erfahrung ist, was mir widerfährt“  dem Credo entspricht, das auch seine künstlerische Sprache bestimmt, liegt auf der Hand. Also wird es auch den in Sciaredo in Skizzen und Notizen vorangetriebenen Weg bestimmen.

Ein Ansatz ist eigentlich eine Rückbesinnung. Das erste Medium, mit welchem er anfangs der 1990er-Jahre auftrat war die Sprache. Das blitzt nun in einem Projekt für die Ady Warburg-Bibliothek in Hamburg wieder auf. Dass assoziative Prinzip der kulturwissenschaftlichen Bibliothek (gegründet 1925/26) überträgt Lüber auf eine Sprache, die nichts erzählt, sondern in Worten und Klängen mäandert, sich wiederholt, inne hält, eilt und verweilt,  sich ohne Prinzip entwickelt und dabei doch dem eigenen „Universum“ folgt.

Das Herausfordernde sei, so Lüber, dass man eine solche Performance nicht vorbereiten könne, nicht planen dürfe, sondern ganz den momentanen Energien des Tages, des Publikums, einem selbst und mehr überlassen müsse. Die Körperlichkeit, die alle Performance-„Bilder“ Heinrich Lübers (mit)bestimmt, ist also auch hier – obgleich sehr viel abstrakter – wesentliches Element.

Man darf gespannt sein, wie weit sich in die erneuerte Performance-Tätigkeit Erlebnisse, Gefühle, Erfahrungen des „Universums Georgette Klein“ einschleichen werden.

* Rob & Rose zeichnet unter anderem für die Gestaltung der Ausstellung „wasser“ im Alpinen Museum in Bern sowie für die Wanderausstellung „Die Entdeckung der Welt“ auf Castelgrande in Bellinzona.

 

azw Februar 2017