Franziska Ripphausen - Seewen (SZ)

Franziska Ripphausen im Atelier Sciaredo 09_2016 

 

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Vor exakt 10 Jahren weilte Franziska Ripphausen-Loderer (*1943) während dreier Monate in Sciaredo. Im Frühling-Sommer. Nun habe sie unbedingt noch den Herbst  im Tessin erleben wollen (September 2016). Vielleicht , so F.R., hätte sie darum sofort mit Ton zu arbeiten begonnen, erzählt sie. Um dem Erdigen, das der Herbst nach der Ernte in sich trägt, Ausdruck zu geben. Entstanden sind aber keine naturnahen Miniaturen, sondern Figuren, Theaterfiguren. „Da wirkte wohl das Erlebnis der Othmar Schoeck-Performance eines Berliner Theaterkollektivs, die ich zuvor in Brunnen (SZ) gesehen habe, nach“, lacht sie.  Das Miteinander von Spuren, Empfindungen, Erlebnissen ist charakteristisch für die Arbeitsweise der Künstlerin, deren Werk vielfältig ist und eher ein Buch mit Kapiteln – vielleicht sogar eine Art Biographie ist, anstelle eines konzeptuell geschlossenen Ganzen. Dass die Figuren dann auch noch in einem „pointilistischen“ Bild  erscheinen, toppt das Gesagte, denn da spiegelt sich der Besuch im LAC (Lugano Arte e Cultura), wo zur Zeit ihres Aufenthaltes eine Ausstellung des Pointilisten Paul Signac stattfindet.  „Ja, an einem Ort wie Sciaredo“, so F.R., „darf man alles kombinieren, damit experimentieren und  viel weniger Grenzen als zuhause“.

Das künstlerische Vorgehen von  Franziska Ripphausens zeigt sich auch in einer Doppel-Serie, die sie mit dem Ziel der Weiterentwicklung nach Sciaredo mitgenommen hatte. Anfangs 2016 hörte sie wieder einmal in die Sprache ihrer Kindheit hinein: Berndeutsch. Und war fasziniert vom Klang von Wortfolgen wie: „La mi la ga“ oder „La mi la si“ oder „Aus chunnt geng uf zmau“.  Gegenwart und Erinnerung verdichteten sich. Mittels Schablonen entstanden Wort-Bilder, die sich indes nur entfalteten, wenn man sie laut nachsprach. Sie aber wollte mehr, die Klang-Räume, die Zwischentöne, das Dreidimensionale. So machte sie die papierenen „Abfälle“ der Buchstaben-Produktion erneut zu Schablonen und verwandelte die „Negativräume“  mit Spraydosen in Kompositionen von Licht, Raum und Farbe. Mit Ecken, Kanten und Rundungen. Einfach, zweifach, dreifach. Das Atelier der Casa Sciaredo wurde zum Bild-Klang-Raum.

Doch, als ob sich die Natur rund um die Casa der Strenge von Farbe und Form widersetzen wollte, wuchs das Bedürfnis nach freier Interpretation des Klang-Raum-Gedankens. Und so entstanden in der Folge ungegenständliche Aquarelle, Spraybilder und grossformatige Tusche-Blättern, von denen – wer weiss – zuhause weitere entstehen werden. Als Sciaredo-Nach-Bilder quasi. 

azw Oktober 2016