Daniela da Maddalena Biel/Bienne

Grotto Sciaredo

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Es war im Juli 2015, dass die Bieler Multimedia-Künstlerin Daniela da Maddalena erstmals in Barbengo weilte. Ein Work in Progress zum Thema « Bienen » führte sie dahin, da ihr die Stiftung Sciaredo angeboten hatte, die einst vom « Haus-Gärtner » Claudio Bielli  im Garten platzierten Bienen-Häuschen für eine Installation zu übernehmen. Dabei entdeckte sie auch das zur Stiftung gehörende, im Frühling 2015 von Walter Lüönd im oberen Teil reaktivierte Grotto im Tal unterhalb der Kirche. Zusammen mit der Stiftungs-Präsidentin Annelise Zwez wurde beschlossen, im Herbst 2015 den 1851 erbauten,  nun jedoch mit Erde, Wurzeln, Holz, Metall, Flaschen und Scherben angefüllten Gewölberaum wieder zugänglich zu machen. Bis 1955 war der Raum als Weinlager genutzt worden, dann verfiel er in einen Dornröschenschlaf.

Für eine Künstlerin  bedeutet ein solcher Plan fast automatisch, dass sie sich gleich-zeitig überlegt, wie man die Aktion künstlerisch umsetzen könnte. Dass es sich bei Daniela de Maddalena um eine Idee handeln würde, die sich mit einem Umwelt- und/oder gesellschaftspolitischen Thema befasst, war, dem Schaffen der Künstlerin entsprechend, von vornherein klar. Im Sommer/Herbst 2015 standen in ganz Europa die Flüchtlingsströme aus Syrien, Afghanistan, Irak im Zentrum der Diskussion. So drängte sich das Thema auch für ein Projekt im Grotto-Gewölbe auf.  Eine Geschichte, ein Märchen sollte es sein, befand de Maddalena. Beim Entrümpeln des Raumes kam eine metallene Federkern-Matte zum Vorschein und ein Holzgestell, das vormals Teil einer Pritsche gewesen sein mochte. „Bett“ drängte sich als Assoziation auf. Und so entstand letztlich die Legende von Suhail, der einst unterwegs war zu einem Ort, wo er erschöpft ruhen konnte, wo er ein Bett, frische Kleider, Schuhe, eine Decke vorfinden würde. Nächtelang  recherchierte die Künstlerin im Internet nach alten syrischen Legenden, möglichen Reisen nach Europa bis sich die Geschichte des von der damaligen Besatzungsmacht verfolgten Suhail aus dem 19. Jahrhundert und jene von Junis aus den Jahren 2013 bis 2015 verbanden (siehe PdF im Anhang). Zuweilen hielt die Künstlerin den Atem an, denn fast schien es als  wären Damaskus und Barbengo  auf wundersame Art vernetzt; zum Beispiel entdeckte sie, dass es nahe den für die Legende wichtigen Höhlen ausserhalb von Damaskus einen (notabene christlichen!) Kirch-Turm gibt, dessen Glockenspiel dasselbe ist wie jenes des Campanile unweit vom Grotto.

Streng ihrer Geschichte folgend, konstruierte de Maddalena aus Federkern und Holzgestell ein „Bett“, legte eine Decke und ein Kissen darauf und die beschriebenen Gegenstände davor. Alles ist bereit für den  irgendwann in der Zukunft ankommenden Gast. Das Bett folgt in seiner Ausrichtung der Mitte des Gewölbes. Bei geöffnetem Tor fällt wenig Licht ein, so viel wie nötig, um die Gaslampe zu sehen, die den Raum für den Gast erhellen wird.

Bis zu seiner Ankunft empfängt der Raum die Gäste von Sciaredo als Ort der künstlerischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Mit etwas Glück findet dann gerade eine Lesung der Legende von Suhail statt.

 

azw 10_2015

 

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